Hugo Loetscher

Zu Besuch in Le Tourel

In memoriam Theo Gerber

 

Ein einstiges Franziskaner-Kloster, während der Französischen Revolution niedergebrannt, später von Landarbeitern benutzt, als Unterkunft und für Stallungen. Noch erinnern, zwischen Buschwerk und Bäumen, die Ruinen einer Kapelle an die religiöse Vergangenheit.

 

Als Theo Gerber und seine Frau Susi 1972 die Liegenschaft erwarben, war gerade ein einziger Raum bewohnbar. Die meisten Dächer eingestürzt. Fenster waren zugemauert worden, da traditionsgemäss in Frankreich die Steuern nach der Anzahl der Fenster erhoben worden waren. Decken mussten eingezogen werden. Dazu dienten von Gerber bemalte Balken. Und für ein Atelier wurde ein Oberlicht angelegt.

 

Renovationsarbeiten nach Bedürfnis und finanzieller Möglichkeit. Was war einmal Refektorium und was nicht? Grosszügig hohe Räume jedenfalls. Klettert man von aussen an einer Seitenmauer auf einer Hühnerleiter zu einer Türöffnung, gelangt man in einen Raum, der angefüllt ist mit Büchern, vermutlich ein Stück vom einstigen Kreuzgang, jetzt durch eine Mauer abgesperrt. Eine denkbare Fortsetzung des Kreuzgangs bildet das Zimmer mit den wohlgeordneten Kunstbänden und dem Fernsehapparat. Ein Raum, zwischendurch als Scheune gebraucht, wird heute von der älteren Tochter, Aïcha, als Atelier benutzt, nachdem ein Holzboden den gestampften Erdboden ersetzte. In der einen Ecke ein Rokoko-Dekor, ein verblichenes Epochensouvenir.

 

Ansonsten an den Wänden Erinnerungen anderer Art. Da findet man eines der ersten Bilder von Theo Gerber, ein Aquarell, das er als Jüngling gemalt hat: der Thunersee, der See seiner Kindheit. Ausstellungsplakate, Photos, Zeitungsausschnitte – Zeugnisse von einer Entwicklung, zu deren früher Lektüre ein Hermann Hesse oder ein Franz Kafka gehörten, dessen Porträt im Alkoven des Ateliers zu sehen ist. Später Joseph Conrad und James Joyce. Im Flur und im Treppenaufgang entlang Zeichnungen und Bilder, die für ein intellektuelles und ästhetisches Suchen stehen – der Flirt mit der Pop-art wie die Auseinandersetzung mit Kandinsky und dem Geistigen in der Kunst. Und ein Schlüsselbild wie das Porträt von Alberto Giacometti, einem Künstler, dem Gerber während seiner Pariser Zeit begegnete, den er nicht anzusprechen wagte, den er aber im Bild festhielt, ein Bild, das Reverenz und zugleich Befreiungsakt ist. Gerber löste sich mit ihm von den bisherigen Grautönen. Er entschied sich für die Farbe: peinture peinture, Farbe, so sollte in Zukunft die Devise heissen.

 

Erinnerungswände eines Malers, der 18-jährig das Gymnasium Burgdorf verliess, da er Kunstmaler werden wollte. Der für seine Ausbildung nach Basel an die Gewerbeschule ging. Der dort die Künstler- und Schriftstellergruppe Ulysses mitbegründete, die nur drei Jahre existierte, die aber in Mailand, Venedig, Washington und New York ausstellte. Einige seiner Kollegen von damals erinnern sich an seine unbekümmerte Originalität, sei es nur, dass er bei einem Fest versuchte, auf der Treppe zu tanzen.

 

Es war das Basel, in dem Arnold Rüdlinger die Szene bestimmte und bei dem Gerber kein künstlerisches Brot hatte. Er wird sich vierzig Jahre später in einem Aufsatz «Wirren, Wirkung und Wirklichkeit» kritisch mit diesem Ausstellungsmacher und Konservator der Kunsthalle auseinandersetzen, ein negatives Lob, indem Gerber gesteht, dass Rüdlinger schuld daran war, dass er sich nach Frankreich absetzte und so seinen eigenen Weg fand. Ein Aufsatz übrigens, in dem Gerber mit souveräner Erinnerung von seinen künstlerischen Anfängen spricht, als er seine Bilder spachtelte und mit Asche besprühte, ebenso den Realismus eines Varlin bewundernd wie «die malerische Subtilität und das Engagement» eines Walter Kurt Wiemken.

 

Bei den Ausstellungen Junger Basler Künstler aber wurde Gerber nicht berücksichtigt und auch nicht in die Sondernummer «Unter vierzig» der Zeitschrift «du» aufgenommen. Sein erster respektabler öffentlicher Auftrag war ein Glasbild in Basels Kantonaler Handelsschule. Dieser Auftrag brachte so viel Geld ein, dass sich die Gerbers 1962 einen Bauernhof in Estouy, im Loiret, kaufen konnten. Die erste Station in Frankreich, von wo sie bereits zwei Jahre später nach Paris übersiedelten: «In Paris erwartete mich der Erfolg wie eine Taube auf dem Dach, und er flog auch haarscharf an meiner Nase vorbei.» Ein Atelier am Boulevard de l’Hôpital und später eines an der Rue du Nord. 1976 nach Südfrankreich, ins Vaucluse, nach Le Tourel.

 

Le Tourel. Die Adresse heisst nach dem Turm, der auf dem Gelände steht, so weit hergerichtet, um den weiteren Verfall zu stoppen. Der Wachturm einer Seigneurie, an einem einst wichtigen Verkehrsweg gelegen, daran erinnert noch die Route des Huguenottes, ein Fluchtweg der Hugenotten aus der Zeit ihrer Verfolgung. An den Turm erinnert auch der Name des Ortes La Tour d’Aigues, eigentlich Wasserturm.

 

Auf dem Gelände heute ein Gestüt, wo die jüngere Tochter, Silja, sich der Pferdezucht widmet. Soweit der Blick offen ist, fällt er auf Weingärten. Ansonsten sind die Gebäudlichkeiten eingeschlossen von einem grünen Schutzwall von Eichen und Ahorn. Überraschend zwischen dem Buschwerk ein schwarzes vietnamesisches Hängebauch-Schwein und im Gehege Emus, das Elternpaar und die beiden Jungen. Hinterm Haus ein Biotop. Beim Eindunkeln das Gequake der Frösche und beim Hellwerden der Hahnenschrei.

 

Le Tourel – ein Refugium, aus dem Gerber aber ein Stück Weltgeographie macht.

 

Während des Malens vernimmt er 1986 aus dem Radio, dass unter dem Apartheid-Regime in Soweto schwarze Kinder und Jugendliche eingesperrt werden. Afrika – das ist für ihn nicht irgendeine Aktualität. So wie er als junger Mann aus den schweizerischen Verhältnissen ausbrach, war er per Autostopp in Europa unterwegs. Hinauf bis nach Norwegen. Damals war er auch zum ersten Mal nach Afrika gereist, nach Marokko, Algerien und Tunesien.

Er sei in Afrika zum Maler geworden, gestand Gerber später. Es ist Schwarzafrika, das ihn künstlerisch und intellektuell prägte. Er wird es 1955 kennen lernen, von Oran bis Tanganjika. Eine Reise, der andere folgten. Das eine Mal auch per Motorrad mit seiner Frau Susi. Damit erhalten die afrikanischen Skulpturen, die überall neben viel Quincaillerie im Haus herumstehen, eine zusätzliche Situierung. Er hatte im Auftrag eines Stuttgarter Museums von seinen Afrikareisen Skulpturen und Gebrauchsgegenstände mitgebracht.

 

Es ist, als ob mit dem Stichwort Afrika die Dogon-Maske, die über dem Kamin hängt, zu reden begänne. Folgenreich die Begegnung mit dem Stamm und der Kultur der Dogon. Da begegnet er dem Ethnopsychiater Fritz Morgenthaler und Paul Parin. Da trifft Gerber auf einen anderen Gott als den jüdisch-christlichen: «Ein Schöpfer», notiert er sich, «macht mit der Erde Liebe, und aus dieser Verbindung gehen menschliche Wesen hervor, denen der Schöpfer keine Devisen erteilt, weder Strafen noch Sünden. Es ist an ihnen, sich zurechtzufinden, um das Gleichgewicht der Welt zu erhalten, das stets in Gefahr ist.»

 

Dies schreibt Gerber in «Ich und Afrika – warum Afrika»: «Mein Unterwegs im Busch. Das war nicht ein Weg. Ich habe stets die Richtung geändert.» Die Reisen entpuppten sich als eine eigene Art der Rebellion. Der Künstler öffnete der afrikanischen Natur die Leinwand. Er feiert les broussailles: Urwald, Busch und Steppe. Er spricht demnach von Busch-Malerei. Er gibt sich dieser neuen Sinn- und Sinneserfahrung bis zu dem Punkt hin, an dem er sich wehren muss, als «Busch-Maler» zum Opfer seiner eigenen Charakterisierung zu werden. Spätere Publikationen werden in einem Verlagshaus veröffentlicht, das sich Edition Feu de Brousse nennt.

 

Dieses Afrika, so bestimmend für Mentalität und Kunstauffassung, erlangt mit dem brutalen Niederschlagen einer Demonstration in Soweto neue Realität, eine politische. Es ist, als würde sich Gerber an die Maler seiner Anfänge wie an Wiemken erinnern, an jene, die sich als «Gruppe 33» in der Abwehr gegen den Nationalsozialismus zusammengetan hatten. Es ist Südafrika, das zur künstlerisch-moralischen Herausforderung wird.

Die persönliche Empörung wird zu einer kollektiven Manifestation. Gerber erlässt einen Aufruf. Für jedes eingesperrte Kind soll ein Bild entstehen, hundertachtzig werden es sein: ein Mosaik engagierter Kunst mit Beiträgen aus der Schweiz, Frankreich, Spanien, Italien, Belgien, Jugoslawien, Kanada und Südafrika.

 

Das Projekt heisst Hector Pieterson. Den Namen kennt Gerber von einem Photo, das um die Welt ging: Ein Mann trägt seinen von der Apartheid-Polizei getöteten Jungen zu Grabe. Dieses Grab wird Gerber besuchen: «Zolile Hector Pieterson / August 19, 1963/June 16, 1976 / Deeply mourned by / his parents, sisters / and a nation / that remembers».

 

1988 reist Gerber zum ersten Mal nach Südafrika, dem er bisher bewusst ausgewichen war. Nicht Südafrika ist das eigentliche Ziel, sondern Soweto, die schwarze Township. Allerdings kann er als Weisser nicht dort wohnen, er muss in Johannesburg übernachten. Ein Jahr später haben dank Gerber vier Künstler aus dem «Funda Arts Center» (Soweto) die Möglichkeit, für drei bis vier Monate einen Studienaufenthalt in Frankreich zu verbringen, den Gerber organisiert hat. Zwei Jahre später ist er wieder in Soweto; er gibt dort Workshops.

 

Er hatte aus Afrika ein Wort mitgebracht: «Mayibuye iAfrika». «Afrika komm zurück» wurde der Sinnspruch für eine Ausstellung, die im Herbst 1989 im Museum Olten stattfand, ein Zusammentreffen aller Bilder, die in irgendeiner Weise mit diesem Kontinent verbunden waren, «eine langjährige Liebesgeschichte», wie er selber sagte.

 

So eindeutig Soweto seinen Platz auf der Landkarte einnimmt, es ist eine andere Geographie, die für Gerber spielt: «Für mich ist Soweto jener Ort zwischen Bobodioulasso und Mitternacht, den ich seit jeher suchte und den ich im Monat Mai 1988 an einem Herbstabend überrascht erkannte ... verwundert, aus der Zeit gefallen, suchte ich den Rückweg zu ertasten und erkannte das Labyrinth, das mir Verlorene.»

Dies liest man in einem Buch «Unterwegs nach Azania». Azania ist eine antike Bezeichnung für Schwarzafrika. Auf dem Grab von Hector Pieterson stand: «Time is on the side of / the oppressed today / Truth is on the side of / the oppressed today / one Azania, one nation, one people». Das Grab wurde einige Monate nach Gerbers Besuch zerstört.

 

«Für dich Volk von Azania» lautete die Widmung, die Gerber auf das Bild «Soweto» schrieb, das zu seiner künstlerischen Konfession wurde, ein monumentales Werk von drei auf vier Meter. Er konnte es Nelson Mandela nicht persönlich anlässlich dessen Schweizer Besuch überreichen. Die Übergabe fand am 4. September 1997 im Bellevue Palace Bern ohne den Künstler statt. Ein inoperabler Hirntumor erlaubte ihm nicht mehr zu reisen. Er starb 69 Jahre alt. Seine Asche wurde vierzig Tage nach seinem Tod auf dem Gelände von Le Tourel verstreut. Es ist denn auch seine Frau Susi, die 1998 das Mosaikbild in Soweto überreichen wird.

 

Le Tourel ist aber nicht nur seine letzte Ruhestätte. Hier ist ein Werk versammelt, das auf seine Entdeckung wartet, während das Deckenfenster, das seinem Schaffen einst Licht lieferte, sich allmählich grün überwächst.

 

Nicht leicht lässt sich ein Künstler situieren, der seit den Anfängen einen leidenschaftlichen Kampf zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit führte. Bezeichnend, dass Villem Flusser, der sich nach seiner Rückkehr aus Brasilien im benachbarten Robion niedergelassen hatte, 1977 anlässlich einer Ausstellung in der Marseiller Galerie Influx festhielt: «Diese Malereien sind nicht figurativ (im Sinne vorgegebener Bilder) und abstrakt (mit einem Verbot alles Imaginären), sondern es sind Einladungen, unsererseits Bilder herzustellen.» Was Villem Flusser hier unter dem Titel «L’imagination et l’imaginaire» analysierte, griff er kunsttheoretisch auf in «Zufall, Notwendigkeit und Freiheit»: «Was das Bild bezeichnet, ist nicht, was in ihm sichtbar ist, sondern was aus ihm unsichtbar in Richtung des Betrachters herausragt.» Die rein psychologischen Deutungen beiseite schiebend, interpretiert er: «Für Gerber ist das Bild die Methode, im Betrachter frei zu werden, und ohne Betrachter ist es überhaupt nichts. (...) Gerber stellt aus, bevor er überhaupt angefangen hat, Ölflecke zu klecksen. Er sucht die Freiheit im andern.»

 

José Pierre, der treue Begleiter seines Werkes, einer seiner gewissenhaften Interpreten, hat den Künstler in seine Surrealismus-Anthologie aufgenommen. So sehr die Kunst von Gerber zu einer solchen Beziehung verlockt, Gerber wehrte sich stets gegen jede Fixierung. Aber es ist anderseits doch bezeichnend für seine Offenheit, dass er sich mit einem Maler wie Dalí auseinandersetzt, einem Surrealismus-Rebellen. Wenn er bei Dalí eine paranoïa critique feststellt, reklamiert er für sich eine paranoïa non critique. Er zitiert das Bild «Le pharmacien de l’Apurdan ne cherchant absolument rien», eine Gelegenheit, um einen Satz vom geliebten Max Stirner zu zitieren: «J’ai basé ma cause sur rien.»

 

Nun war Gerber ein Künstler, der sein Schaffen reflektierend begleitet hat – oder, wie er selber einmal notierte, einer, der «das Bedürfnis hatte, sein Schicksal im Romanhaften zu verschleiern». Das gilt für «Autrement dit» wie für «Unterwegs nach Azania» oder «Mayibuye iAfrika», intellektuelle und ästhetische Bilanzen, bekenntnishaft und analysierend, zitierend und sich erinnernd, polemisch und poetisch, man möchte sagen, geradezu postmodern, wenn man sich nicht der Attacken bewusst wäre, die Gerber gegen die Postmoderne ritt: «... wenn Sinn versickert oder das Ende der Postmoderne.»

 

In seinen Bilanzen kann George Orwell neben der Schweizer Schriftstellerin Adelheid Duvanel stehen, der chinesische Dichter Li Po wird ebenso zitiert wie Hölderlin oder der Soziologe Jean Ziegler, man trifft auf Erinnerungen an Basel und an Namibia oder an die Stipendiatenzeit im Schweizer Institut in Rom. Von Giordano Bruno zitiert er «Man erkennt nur das, was man selbst ist» und von Ludwig Wittgenstein «Die Welt ist alles, was der Fall ist».

 

So ist das Buch «Ghiribizzi» als Anthologie seiner Zeichnungen zugleich eine Auflistung seiner Geistesverwandten. Ein poetisches Werk, dessen Einleitungssätze für Gerbers Phantastik stehen mögen, der an anderer Stelle von den «seltsamen Flattervögeln im Nirgendwo» spricht:

 

«Selten ist ein Ghiribizzi allein, meist sind mehrere vereint: die Ghiribizzi. Gelegentlich abseits mit Schmetterlingen, wohnen sie im Kopfe, verwirren grillengrüne Nacht, verrücken Vorgefasstes und wechseln ihr Geschlecht nach Lust und Laune ...Ghiribizzi wandern mit den Zeiten, waren um 1840 beim Grünen Heinrich in München und belebten den Anfang unseres Jahrhunderts. Oft werden sie jedoch vertrieben und geächtet, denn sie stören den etablierten Kunstbetrieb, sind Leuten mit gutem Gewissen verdächtig, necken Kinder und Hunde, reiten auf Libellen.

Ich errichte ihnen Wolkenburgen, baue Lustgärten unterm Wasser und Höhlen zum Ausruhen, damit sie bleiben, wenn sich abends der Himmel verdüstert.»

 

Das Bild als «Waffe», so verstand er seine Kunst.

 

«Ich nehme mir das Recht, Stellung zu beziehen und verfechte keineswegs die gute Sache, sondern meine Sache, denn das Malaise in dieser meiner Welt ist Anlass zum Malen und Schreiben. Die Malerei wird zu einem Laboratorium, wo eine andere Welt geboren wird.» Und ferner:

«Die Verweigerung jeder Macht und Autorität ist der Grundstein meiner individuellen Urgeschichte.»

 

Was er sich als moralische Verpflichtung auferlegte, wurde unvermeidbar als künstlerisch-ästhetische Auseinandersetzung erlebt: Wie stellt man Gewissen dar? Die Moralität wurde darüber hinaus zu einem Moment der Inspiration, deren Kreativität ihre Vitalität bestätigt sieht in den Assoziationen an weibliche Formen.

 

«Die Vorstellung, an einem Bild weiterzumalen, ein Leben lang, hat mich seit jeher fasziniert.» Dieses Credo von permanenter Kreativität greift Paul Nizon in einem Kommentar auf: «Theo Gerbers Bilder haben Atem und Fluss der Endloserzählung oder der unaufhörlichen Figuration, wenn nicht Fortpflanzung; eines züngelt aus dem andern und zerstiebt in tausenderlei Verästelung, Mutation, Metamorphose, schillernd in allen Farben der Seifenblase und ebenso ungreifbar wie diese. Er schaut immerzu in den Spiegel oder Himmel seines phantastischen Alls, ein unermüdlicher Kreator der eigenen Genesis.»

 

Die Verpflichtung, die er mit seiner Malerei einging, war zugleich der Versuch, sich selbst zu erkennen.

 

«Meine Tragik ist, dass ich meinem Charakter entsprechend ein Erneuerer wäre, jedoch in einer Zeit lebe, wo ich nur Bewahrer (ein Aufbewahrer) und Zusammenfasser sein kann.»

 

Was er als Tragik empfand, was er als Konflikt lebte, wurde fruchtbar in einer Formenwelt, die ihren unverkennbar eigenen Platz in der Kunst unserer Jahrzehnte einnimmt.

 

© 2006 Hugo Loetscher